“Mein Vater wird gesucht,…
… er kommt nicht mehr zurück. Sie hetzen ihn mit Hunden, vielleicht ist er gefunden und kommt nicht mehr nach Haus.”
Mit dieser Liedzeile eröffneten sechs Vikoschülerinnen und -schüler am Donnerstag, den 8. Februar 2024, eine Ausstellung im Max-Mannheimer-Studienzentrum in Dachau.
Theo Latocha (Q2) sang ausdrucksstark die 5 Strophen des Liedes von Hans Drach (1914-1941), in der die Verfolgung und Ermordung eines politischen Widerstandskämpfers aus der Kinderperspektive geschildert wird. Die instrumentale Begleitung wurde sensibel von Nora Becker (Flöte), Emmelie Breiter (Klarinette), Maja Braig (Kontrabass), Benjamin Kändler Castellon (Viola) und Jonah Dockhorn (Posaune) übernommen.
Die sechs Oberstufenschülerinnen und -schüler sorgten mit dem Arrangement von Christina Troeger für einen thematisch passenden Auftakt zur Wanderausstellung “Zwischen Nonkonformität und Widerstand. Biografische Erkundungen 1933-1945“, die im Max Mannheimer Studienzentrum in Dachau eröffnet wurde. Zu sehen sind die Rechereergebnisse der Darmstädter Geschichtswerkstatt und der BrechtGeschichtswerkstatt. Kirsti Ohr und Bernhard Schütz haben gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Brechtschule ein Jahr lang zu Darmstädter Bürgerinnen und Bürgern geforscht, die auf unterschiedliche Weise während der nationalsozialistischen Diktatur widerständig handelten oder durch ihre nonkonforme Lebensweise zu Verfolgten wurden. Die äußerst sehenswerte Ausstellung – vom Darmstädter Fotokünstler Rainer Lind konzipiert – kommt im Frühling auch nach Darmstadt und wandert im September dann weiter in die KZ-Gedenkstätte Osthofen und Ende des Jahres schließlich nach Wiesbaden ins Hauptstaatsarchiv.
Für manche der porträtierten Darmstädterinnen und Darmstädter endete das unangepasste Verhalten im Zuchthaus, einige wurden im KZ Dachau ermordet. Dass schon das Hören von Swing-Musik am Radio zu einer Inhaftierung führen konnte, wurde auf einer der Tafeln deutlich und fand seinen Widerhall im zweiten Musikstück des Abends. Die sechs Orchestermitglieder spielten zum Abschluss den Swing-Klassiker “Means, That You’re Grand” von Shlomo Secunda aus den 30er Jahren.
Einen Tag nach der Ausstellungseröffnung gab es für die Jugendlichen die Möglichkeit, das Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau zu betreten und unter Führung einer Referentin des Studienzentrums wichtige Informationen zur Entstehung des Lagers zu erhalten und darüber zu sprechen. Die Eindrücke werden bei jedem der Beteiligten anders nachwirken: Die unglaubliche Weite und Leere des Appellplatzes, auf dem die Häftlinge in sengender Hitze stundenlang stehen mussten, die Pappeln, die wie zum Hohn gepflanzt wurden, spenden sie doch so gut wie keinen Schatten. Der Bunker mit Verhörräumen und Stehzellen, das Krematorium mit der zynisch als “Brauseraum” bezeichneten Gaskammer.
Christina Troeger